Gisela Braun und Dorothee Wolters: Das große
und das kleine NEIN
Titel: Das große und das kleine NEIN
Autorin: Braun, Gisela
Illustratorin: Wolters, Dorothee
Deutsche Erstausgabe: Mülheim an der
Ruhr: Verlag an der Ruhr, 1991.
Altersklasse: 4+
|
Titelbild der aktuellen Ausgabe |
Rezension von Torsten Kühler
Ein Mädchen sitzt auf einer Parkbank und wird gefragt ob man
sich neben sie setzen oder von ihrem Schokoriegel abbeißen
darf. Sie sagt zwar: "Nein", aber so leise, dass es ungehört
bleibt. Als dann noch jemand fragt, ob er sie küssen dürfte,
platzt ihr der Kragen, "Nein!" schreit sie dann aus vollem
Hals.
Die ganz klare Botschaft des dünnen Büchleins ist, dass
es nicht nur in Ordnung ist, "Nein" zu sagen und das mit
ganzem Nachdruck und auch sehr laut, sondern dass dies absolut notwendig
ist, die anderen sollen einen schließlich verstehen.
Der Klassiker der Präventivarbeit, wenn es um Gewalt gegen
Kinder oder auch um sexuellen Mibrauch geht, hat seit Jahren nichts
von seiner Anziehungskraft verloren.
Das Buch orientiert sich dabei am gängigen Mädchen-Opfer-Bild,
auch wenn das nur aus den Illustrationen deutlich wird, denn im
Text wird der Hauptfigur kein Geschlecht zugeordnet. Das Mädchen
agiert hier anfangs schüchtern und ist völlig übberrascht,
dass sie Erfolg hat als sie sehr laut wird.
Wie auch das wesentlich später entstandene "Kim
darf stark sein" ist dieses Buch vordergründig auf
Gewaltprävention (hier mit sexueller Ausrichtung) ausgerichtet,
in beiden Fällen wehren sich die Mädchen nach anfänglicher
Unsicherheit verbal. Sie werden selbstsicherer und können so
als Vorbilder gelten.
Das Buch hat eine Besonderheit, die ich noch nicht von anderen
Kinderbüchern kannte, die jeweils linke Seite bleibt weiß
und leer, damit nichts ablenkt vom Bild und Text auf der rechten
Seiten. Jede Einzelseite ist dabei als Situation konzipiert, über
die ich mit Kindern ins Gespräch kommen könnte. Das Buch
lässt sich aus meiner Sicht relativ schwer einfach nur durchlesen,
man muss sich mit viel Zeit und Inbrunst in das Thema wagen. Um
die Bedürfnisse der Kinder besser einschätzen zu können,
würde ich das Buch nur kleinen Gruppen (weniger als 6) oder
am besten in Einzelgespärchen behandeln wollen. Ich halte es
für möglich, dass das Buch eventuell sogar Unsicherheiten,
ich habe ja nicht nein gesagt, also bin ich selber Schuld, verstärken
könnte.
Gemäß der Zielsetzung präventiver Arbeit, auf aktuelle
Mißstände aufmerksam zu machen und Auswege aufzuzeigen,
sind die Figuren klassischen Rollenbildern verhaftet. Ob das zeitgemäß
ist, wage ich nicht zu beurteilen.
Passend zu diesem Buch gibt es einen Ordner mit Arbeitsmaterialien
für Pädagogen: "Ich sag NEIN! Arbeitsmaterialien
gegen den sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen"
(ISBN 978-3834604316).
|