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Sylvia Pah und Joke Schat: Zusammengehören

Titel: Zusammengehören
Autorin: Pah, Sylvia
Illustratorin: Schat, Joke

Deutsche Erstausgabe: Ruhnmark: Donna Vita (Mebes & Noack), 1994.

Altersklasse: 4+

Sylvia Pah und Joke Schat: Zusammengehören
Titelbild der Erstausgabe

Rezension von Jakob Held

Lilly schildert, das intakte Familienleben mit Bruder, Vater und Mutter. Da wird zusammen gelacht, spazierengegangen, Boot gefahren, Bücher vorgelesen, gestritten, und versöhnt, gespielt und Urlaub gemacht. Nach und nach jedoch streiten sich Vater und Mutter immer mehr und unternehmen schließlich nur noch getrennt Sachen mit ihren Kindern. Der Vater zieht aus der Wohnung aus und die Kinder besuchen ihn regelmäßig, fühlen sich aber eben als Besucher. Die Streitereien nehmen zu und die Kinder hören nicht mehr auf ihre Mutter, bis diese ganz böse wird. Die Spannung legt sich, als den beiden Kindern bewusst wird, dass sie dennoch von ihren Eltern geliebt werden, trotz der Trennung. Die Mutter verliebt sich neu - in eine Frau, Sophia. Beide Kinder mögen Sophia, sind aber auch eifersüchtig auf sie. Mit Argwohn beobachten sie, wie die beiden sich umarmen und küssen, "so wie Mama und Papa das immer getan haben". Die Situation spitzt sich zu, als der Vater droht, die Kinder wegzunehmen und die Mutter sich parallel mit ihrer Freundin streitet. Die Mutter erläutert den Kindern ihre Ängste, sie befürchtet Diskriminierungen der beiden, wegen ihrer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft...

Die beiden Autorinnen geben auf der Rückseite des Buches bekannt, dass Sylvia Pah zunächst den Text geschrieben hat, worauf hin Joke Schat passende Bilder illustrierte.
Generell harmonieren die Bilder sehr passend zum Text. So unterstützen und bereichern sich Text und Bildebene durchgängig und geben dem Buch seine unbestreitbare Aussagekraft. Sowohl Texte als auch die Bilder sind von einem Minimalismus geprägt, welcher es ermöglicht, viel über die Geschichte und seine Darsteller ins Gespräch zu kommen. Dennoch bieten sie genügend Aussagen um z.B. Emotionen deutlich zu transportieren, etwa, wenn die Eltern sich streiten, oder das Erlebnis der "neuen Familie" beschrieben und illustriert wird. Erzählt wird die Geschichte aus einer Pseudo Ich-Perspektive. Lilly, eines der Kinder benutzt aber nur im dritten und im letzten Satz des Buches das "ich". Ansonsten wird durchgängig in der "Wir (Kinder)- Perspektive" geschrieben. Diese Tatsache, zusammen mit der Wahl der Erzählweise in Vergangenheitsform, sowie das Vermeiden der wörtlichen Rede ermöglicht eine stückweise Distanzierung des Lesers, was das Buch meines Erachtens empfehlenswert auch für kleiner Kinder macht. Auch hier wirken die Bilder unterstützend, da sie konsequent die Kinder im Mittelpunkt, die Erwachsenen außen, gewissermaßen als Schutz darstellen. So wird auch sofort der "Verlust " des Vaters verdeutlicht, indem sein Platz auf dem Bild "leer" ist, um später von Sybile eingenommen zu werden. Beispielhaft, fast ikonisch, wir hier die Grundaussage des Buchen illustriert: wir gehören zusammen (siehe Titelgrafik). Hier sehe ich einen gelungene Unterstützung für die Rezeption.

"Zusammengehören" erzählt die Geschichte einer "ganz normalen" Familie, welche zerbricht, um sich in eine "neue" (Regenbogen) Familie zu wandeln.
Das Familie-Sein, wird überwiegend über gemeinsame Aktionen und gemeinsam erlebtes definiert. Die beiden Elternteile erfahren in der Erzählung keine weitere rollenspeziefische Ausdifferenzierung, sie sind einfach Vater und Mutter. Behutsam wird aus der Perspektive der Kinder dargestellt, welche Gefühle, Sorgen und Wendungen eine solche tiefgreifende Veränderung mit sich bringen kann. Dabei werden die auftretenden Schwierigkeiten und Entwicklungen stets nur angedeutet, ohne begründet zu werden. Das ist sicherlich schade, lässt so aber Freiraum für eigene Interpretationen und Lösungsmöglichkeiten. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass sich das Verlieben der Mutter in eine Frau aus der Perspektive der Kinder nicht als etwas außergewöhnliches dargestellt wird. Vielmehr werden Sorgen und Probleme (wie eine befürchtete Diskriminierung) von der Mutter selber thematisiert. Die Kinder reagieren mit Unverständnis, da "Sophia doch eine ganz tolle Frau sei, und die Mama sie doch ganz doll lieb habe". Auch der Vater thematisiert diese "Abweichung" von der Norm dadurch, dass er droht, die Kinder der Mutter wegzunehmen.

Angesprochen wird außerdem die Betroffenheit und das Unglücklich sein aller am Prozess beteiligten Personen. So wird dem Leser ein kurzzeitiger Wechsel des Fokus ermöglicht, was einer Rollenzuschreibung wie etwa: "der Papa ist aber böse, der will die Kinder wegnehmen", entgegensteht und eher ein Verständnis für die Lage des Vaters ermöglicht.

Ein Konflikt der Kinder mit der neuen Situation wird deutlich angesprochen: ihre Eifersucht gegenüber der neuen Freundin und ihre damit verbundene Sorge, diese würde ihnen die Mutter wegnehmen zum einen. Die Äußerlichkeiten der lesbischen Beziehungen, wie Umarmung oder Küssen andererseits. Die Kinder wollen nicht, dass sich die beiden so lieben, wie es "Mama und Papa immer getan haben". Dieser äußerst sensible Punkt wird durch eine deutliche Abbildung (Mutter umarmt Sylvia, Kinder ziehen an ihrer Mutter) illustriert. Ich denke, hier kann das Buch etwas ausdrücken, was (nicht nur) betroffene Kinder unter Umständen selber so nicht ausdrücken können und damit eine wertvolle Hilfestellung zum Verständnis der Situation anbieten. Abgerundet und gut in sich abgeschlossen endet das Buch mit der Erkenntnis, dass die Kinder nun in einer neuen Familie leben, welche genauso wie vorher rumalbern, spielen und in den Urlaub fahren kann und das sie genauso geliebt werden wie vorher.

Sylvia Pah und Joke Schat haben für jüngere Kindern (4 bis 6 Jahre) ein Buch geschrieben, welches es gut vermag, deren spezifischen Gefühle, Sorgen und Schwierigkeiten in Bezug auf Regenbogenfamilien zu thematisieren. Stil und Illustration sind dabei von passender Sensibilität geprägt und bieten einen guten Einstieg in vertiefende Gespräche.

 

 

1. Juli 2009
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