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Christine und Christiane Nöstlinger: Anna
und die Wut
Titel: Anna und die Wut
Autorin: Nöstlinger, Christine
Illustratorin: Nöstlinger, Christiane
Deutschsprachige Erstausgabe: Wien: Jugend
und Volk , 1990.
Besonderheiten: Ausgezeichnet mit dem Kinderbuchpreis
der Stadt Wien
Altersklasse: 5+
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Titelbild der Ausgabe von 2007 |
Rezension von Anja Friedrich
Die Geschichte handelt von der kleinen Anna, die oft sehr wütend
wird, wenn ihr z.B. etwas nicht gelingt, sie jemand auslacht oder
sie nicht bekommt, was sie möchte. Wenn Anna wütend ist,
dann schreit, trampelt, beißt und spuckt sie. Oft verletzt
sie dabei auch andere mit Worten oder tut ihnen weh, auch wenn diese
an ihrer Situation unbeteiligt sind oder ihr nur helfen wollen.
Anna kennt ihr Problem und will ebenso wie ihre Eltern und die Kinder,
die sie auslachen, ihre Wut in den Griff bekommen, aber sie weiß
nicht wie. Auf den Vorschlag der Mutter hin versucht sie, die Wut
herunterzuschlucken, was aber nicht funktioniert. Der Versuch, der
Wut einfach aus dem Weg zu gehen, wie ihr Vater vorschlägt,
endet darin, dass Anna andere Kinder meidet und nicht mehr spielt
oder rausgeht. Sie sitzt nun nur noch mit verschränkten Armen
in ihrem Zimmer auf einem Stuhl - allein.
Eines Tages kommt ihr Opa zu Besuch und schenkt ihr eine Trommel,
mit der sie die Wut wegjagen soll. Anna ist skeptisch, aber sie
probiert es aus und es funktioniert! Immer, wenn sie wütend
ist, fängt sie an zu trommeln und beruhigt sich. Von nun an
sieht man Anna nicht mehr ohne ihre Trommel um den Bauch und auch
die anderen Kinder sind begeistert und bitten Anna darum etwas vorzutrommeln.
Hätte ich ein Buch über die Wut bei Kindern geschrieben,
wäre mein Hauptcharakter wohl männlich gewesen. Bei Christine
Nöstlinger, aber ist es ein Mädchen, die schreit, beißt,
kreischt, tritt und stampft, wenn sie wütend ist. Die Illustrationen
und Farben sind sehr neutral gehalten. Typische Stereotype findet
man beim "Flechten von Zöpfen der Puppe Ännchen"
sowie dem Vorschlag des Vaters zu stricken. Anna trägt zum
größten Teil einen Rock und Ohrringe und auch die Eltern
und der Opa sind "typisch" dargestellt.
Rezension von Torsten Kühler
Wut ist etwas, das man bei Kindern nicht gerne sieht, obwohl es
ein wichtiger Baustein in Selbstfindungsprozessen ist. Wie aber
gehen wir als Erwachsene damit um, wenn ein Kind immer wütend
ist? Um genau diese Frage geht es in dem Bilderbuch "Anna und
die Wut" von Christine Nöstlinger, das von ihrer Tochter
Christiane illustriert wurde.
Das Mädchen Anna wird als Giftzwerg beschrieben: Sie wirft
die Puppen an die Wand, schreit andere Kinder an oder und tut sich
in ihrer Wut auch schon mal selber weh. Erst als sie im Trommeln
ein Ventil findet, ihren Ärger rauszulassen ist sie annähernd
gesellschaftsfähig und selbst dann ist sie noch lange kein
braves Mädchen, denn welches Mädchen trommelt schon?
In der Beschäftigung mit Kinderbüchern für diese
Webseite, sind mir viele starke Mädchen begegnet, aber keines,
das mir so unsympathisch war, wie diese Anna hier. Fast könnte
man denken, sie sei einer Neufassung des "Struwwelpeters"
entsprungen, so negativ wird sie dem Leser vorgestellt.
Letztendlich ist das Ende wohl etwas zu optimistisch erzählt,
aber dazu sind Bücher ja da, unser Blickfeld zu erweitern und
alternative Lösungsstrategien zu durchdenken. Über dieses
Buch kann man mit Kindern sicher ins Gespräch kommen, sei es
über den Umgang mit Wut und Ärger oder sei es über
über Geschlechterfragen: Dürfen denn Mädchen überhaupt
wütend sein, oder ist das nur was für Jungen?
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